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Günter Neuwirth: Dampfer ab Triest

Ich habe gelesen: „Dampfer ab Triest“ von Günter Neuwirth.

Wir schreiben das Jahr 1907 – die Glanzzeit der k. u. k. Monarchie. Für das Habsburger Reich war Triest, das zu jener Zeit in voller Blüte stand, der „Hafen zur Welt“. Ein quirliges und buntes Bevölkerungsgemenge (Italiener, Slawen und Deutsche) trieb sowohl die wirtschaftliche als auch die künstlerisch-literarische Entwicklung voran – die Stadt und ihr Hafen waren dazumal von europäischer Bedeutung.

Inspector Bruno Zabini, Inspektor 1. Klasse bei der Triester Polizei, liebt seine Heimatstadt von ganzem Herzen. Der vielseitig talentierte (und bei den Damen sehr beliebte) Herr ist nur mäßig erfreut, als er beauftragt wird, zum Schutz des Grafen Urbanau für einige Wochen an Bord des Kreuzfahrtschiffs »Thalia« zu gehen (mit dem zum Vergnügungsschiff umgebauten Dampfer betrieb der Österreichische Lloyd eines der ersten Kreuzfahrtschiffe, welches sich einer illustren, vor allem aber gut betuchten Gästeschar erfreuen durfte). Auf den hochwohlgeborenen und lange im Staatsdienst tätigen Grafen wurde bereits im Hafen ein Anschlag verübt (sein Fahrer verunglückte dabei tödlich) – ganz offensichtlich trachten ihm böse Buben nach dem Leben. Wachsamkeit scheint also geboten, und Spürsinn ist gefragt. Zabini ist der richtige Mann. Der Inspektor begibt sich Inkognito an Bord und mischt sich unter die Passagiere …

In seinem Roman nimmt uns der Autor Günter Neuwirth mit auf eine historische Kreuzfahrt. Er entwirft ein sehr genaues Gesellschaftbild der Jahrhundertwende, beschränkt sich dabei aber beinahe ausnahmslos auf die vermeintlich „feinere Gesellschaft“. Im Wesentlichen (und in der Mehrzahl der Kapitel) geht es also um die Befindlichkeiten diverser Adliger, Fabrikanten, Künstler und solcher Art Charaktere, die diese Zielgruppe umschwirren. Und vorrangig um das, was diese so auf einer Kreuzfahrt tun. Also im Kreis an Deck spazieren, die neueste Garderobe ausführen, in den Salons schwadronieren und Klatsch und Tratsch pflegen – auf Teufel komm raus. Affären, unerfüllte Liebe und mit Sorgfalt gepflegter Standesdünkel ohne Ende. Wohl dem, der an solcher Art gesponnenem Garn Gefallen findet – ich bleibe da außen vor.

Die letztlich doch etwas banale Kriminalgeschichte kommt, ebenso wie mögliche (und für mich gewiß hochinteressante) Einblicke in die Historie der christlichen Seefahrt, im Fazit leider viel zu kurz – da habe ich mir deutlich mehr versprochen. Gelobt werden muss das eingangs zu findende Personenregister (es wird doch etwas unübersichtlich), der an die Zeit angelehnte und mir sehr angenehme Erzählstil sowie die zum Ende aufgeführten, sehr genau recherchierten historischen Hintergründe zum Roman.

Die Lektüre kann also nur bedingt empfohlen werden.


Günter Neuwirth
Dampfer ab Triest

Taschenbuch: 471 Seiten

Herausgeber: Gmeiner-Verlag; 2021. Edition (10. März 2021)
ISBN-10: 383922800X
€ 16,00 [D]

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