Rappelsnut

Wandern, Punkrock und der ganze Rest

Das Weblog

  • Bov Bjerg: Deadline

    Ich habe gelesen: „Deadline“ von Bov Bjerg.

    Paula, die Protagonistin des Romans, ist Ende dreißig, lebt in den USA und übersetzt technische Gebrauchsanweisungen. Das ablaufende Nutzungsrecht für die Grabstelle des Vaters zwingt sie zu einem Besuch in der Heimat. Der Mann war einst der Friedhofssteinmetz im Ort – nun gilt es sein eigenes Grab einzuebnen. Nur widerwillig reist Paula nach Deutschland – zurück in das Dorf ihrer Kindheit. Dort bleibt die schnell erhoffte Abreise ein Wunschtraum, nicht Vorhersehbares zwingt sie zum längeren Verbleiben und zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.

    Das Bemerkenswerte an diesem Buch ist die besondere Schreibweise. Erzählt wird aus der Sicht Paulas, die an einer Berufsmacke leidet: In Gedanken sucht sie ständig nach den treffenden Begriffen und Beschreibungen für die sie umgebenen Dinge, Fachvokabular und Synonyme also, die stets und ständig, quasi überkorrekt, in den ergänzenden Klammern aufgeführt sind.

    Das klingt zunächst kompliziert, ist es aber nur anfänglich. Dem zügigen Lesefluss steht nichts im Wege, sobald man sich einmal darauf eingelassen hat. Sehen wir es einfach als eine ungewöhnliche, innovative Art des Erzählens, die die Leser*innen schnell mitnimmt – auf eine im Fazit unterhaltsame und amüsante, in Teilen auch wunderschön morbide Reise in die schwäbische Alb der Nullerjahre.


    Wichtig zu wissen:Deadline“ ist der jetzt neu aufgelegte Debütroman des Autors, der bereits 2008 erschienen ist. Damals konnte jedoch nur ein kleiner Teil der Druckauflage verkauft werden, bevor der Großteil bei einem Lagerbrand zerstört wurde.


    Bov Bjerg
    Deadline: Roman

    Gebundene Ausgabe ‏: ‎ 176 Seiten

    Herausgeber: Kanon Verlag Berlin; 1. Edition (11. August 2021)
    ISBN-10: 3985680027
    € 22,00 [D]

  • Nico Mateew: 10 Tage im Herzen der Ferne

    Ich habe gelesen: „10 Tage im Herzen der Ferne“ von Nico Mateew.

    Der studierte Ökonom, die Karriere in einem großen Unternehmen, das eigene Haus und die gesunde Familie. Alles scheint bestens, alles scheint erreicht. Doch irgendwann kommen die Zweifel und die Unzufriedenheit. Die Belanglosigkeit seines Handelns. Das Schwimmen mit dem Strom. Endlose Meetings, nervende Geschäftsreisen. Frau und Kinder bleiben auf der Strecke, das Hamsterrad dreht sich. Und zwar emsig. Der Mann beginnt seine Tätigkeit zu hinterfragen, sucht nach dem Sinn des Ganzen, nach dem, was einmal bleiben könnte. Ein Urlaub führt ihn in die bulgarische Heimat des Vaters und markiert einen Umbruch. Tatsächlich könnte sein Leben so ganz anders aussehen, man müsste es nur anpacken.

    Der Manager plant eine Reise in ein ihm völlig unbekanntes Land: Albanien. Möchte einen Dokumentarfilm drehen, über Land und Leute. Und vor allem: über die Küche dieses kleinen, vergessenen Landes auf dem Balkan. Das wird der Aufhänger sein. Er geht es an. Mit zwei Partnern und allerhand Fragen im Gepäck begibt sich er auf eine Reise voller Überraschungen …

    Das Buch besteht aus zwei Teilen. Im ersten schildert uns der Ich-Erzähler (sprich der Autor) seine Biografie, die aktuelle Situation und die damit einher gehende Unzufriedenheit. Der zweite Teil beschreibt die Albanienreise. Dort läuft beinahe nichts wie geplant. Albanien, die Albanier-innen, der Raki. Und diese gänzlich andere Art zu leben. Der eigens engagierte albanische Reiseführer nimmt die Sache in die Hand und überzeugt zur Gänze.

    Am Ende steht das Wissen, die Seele des Landes gefunden zu haben. Die Begegnungen mit den Menschen, ihre Herzlichkeit, ihr Humor, die Zufriedenheit. Und es besteht der Wunsch, so bald als möglich zurückzukehren. Mit Frau und Kindern dann – den echten Menschen begegnen – ein wunderschöner Satz.

    Was aus dem Film geworden ist? Ich weiß es nicht. Aber es ist ein kleines, wunderbares Buch daraus geworden. Ein Buch, das Sie gelesen haben sollten.

    Und ich muss nach Albanien. Irgendwann einmal und besser eher als später.


    Nico Mateew
    10 Tage im Herzen der Ferne

    Gebundene Ausgabe: 220 Seiten
    Herausgeber: TWENTYSIX; 3. Edition (7. Juni 2021)
    ISBN-10: 374077102X
    € 19,99 [D]

  • Christiane Tramitz: Harte Tage, gute Jahre

    Ich habe gelesen: „Harte Tage, gute Jahre“ von Christiane Tramitz.

    Maria Wiesbeck war die Sennerin vom Geigelstein. Anno 1941 verließ die damals siebzehnjährige Bauerntochter den väterlichen Bauernhof und stieg zur Oberkaser-Alm in den Chiemgauer Alpen auf. Grund dafür war eine enttäuschte Liebe. Als Sennerin versorgte sie fortan das Vieh, kümmerte sich um Hütte und Alm und bewirtete vorbeiziehende Wandersleute.

    Mare führte ein einfaches Leben, hart an Entbehrungen, aber immer auch im Einklang mit der Natur. Die traditionelle Alm-Wirtschaft wurde ihr zur Gänze zum Lebensinhalt. Nicht einmal in den harten Wintern kehrte die Frau in das Tal zurück – sie blieb für immer auf dem Berg.

    Allein – das Glück blieb nicht ungetrübt, denn das Leben im Tal rückte näher. Straßen und Hütten wurden gebaut, es kamen die Skifahrer, die Mountainbiker und die Paraglider. Mare, nun schon im hohen Alter, muss bis zuletzt kämpfen und bangen – um die Hütte, das Wohnrecht und also das kleine Stück Heimat, das ihr noch geblieben ist.

    Christiane Tramitz erzählt uns die bewegende Biografie der Sennerin vom Geigelstein. Es ist ein liebevolles Porträt geworden, voller Sympathie und Respekt für die alte Mare.

    Ihr solltet es gelesen haben.


    Christiane Tramitz
    Harte Tage, gute Jahre

    Gebundene Ausgabe: 272 Seiten
    Herausgeber: Knaur HC; 5. Edition (1. August 2017)
    ISBN-10: 9783426214312
    € 16,99 [D]

  • Günter Neuwirth: Dampfer ab Triest

    Ich habe gelesen: „Dampfer ab Triest“ von Günter Neuwirth.

    Wir schreiben das Jahr 1907 – die Glanzzeit der k. u. k. Monarchie. Für das Habsburger Reich war Triest, das zu jener Zeit in voller Blüte stand, der „Hafen zur Welt“. Ein quirliges und buntes Bevölkerungsgemenge (Italiener, Slawen und Deutsche) trieb sowohl die wirtschaftliche als auch die künstlerisch-literarische Entwicklung voran – die Stadt und ihr Hafen waren dazumal von europäischer Bedeutung.

    Inspector Bruno Zabini, Inspektor 1. Klasse bei der Triester Polizei, liebt seine Heimatstadt von ganzem Herzen. Der vielseitig talentierte (und bei den Damen sehr beliebte) Herr ist nur mäßig erfreut, als er beauftragt wird, zum Schutz des Grafen Urbanau für einige Wochen an Bord des Kreuzfahrtschiffs »Thalia« zu gehen (mit dem zum Vergnügungsschiff umgebauten Dampfer betrieb der Österreichische Lloyd eines der ersten Kreuzfahrtschiffe, welches sich einer illustren, vor allem aber gut betuchten Gästeschar erfreuen durfte). Auf den hochwohlgeborenen und lange im Staatsdienst tätigen Grafen wurde bereits im Hafen ein Anschlag verübt (sein Fahrer verunglückte dabei tödlich) – ganz offensichtlich trachten ihm böse Buben nach dem Leben. Wachsamkeit scheint also geboten, und Spürsinn ist gefragt. Zabini ist der richtige Mann. Der Inspektor begibt sich Inkognito an Bord und mischt sich unter die Passagiere …

    In seinem Roman nimmt uns der Autor Günter Neuwirth mit auf eine historische Kreuzfahrt. Er entwirft ein sehr genaues Gesellschaftbild der Jahrhundertwende, beschränkt sich dabei aber beinahe ausnahmslos auf die vermeintlich „feinere Gesellschaft“. Im Wesentlichen (und in der Mehrzahl der Kapitel) geht es also um die Befindlichkeiten diverser Adliger, Fabrikanten, Künstler und solcher Art Charaktere, die diese Zielgruppe umschwirren. Und vorrangig um das, was diese so auf einer Kreuzfahrt tun. Also im Kreis an Deck spazieren, die neueste Garderobe ausführen, in den Salons schwadronieren und Klatsch und Tratsch pflegen – auf Teufel komm raus. Affären, unerfüllte Liebe und mit Sorgfalt gepflegter Standesdünkel ohne Ende. Wohl dem, der an solcher Art gesponnenem Garn Gefallen findet – ich bleibe da außen vor.

    Die letztlich doch etwas banale Kriminalgeschichte kommt, ebenso wie mögliche (und für mich gewiß hochinteressante) Einblicke in die Historie der christlichen Seefahrt, im Fazit leider viel zu kurz – da habe ich mir deutlich mehr versprochen. Gelobt werden muss das eingangs zu findende Personenregister (es wird doch etwas unübersichtlich), der an die Zeit angelehnte und mir sehr angenehme Erzählstil sowie die zum Ende aufgeführten, sehr genau recherchierten historischen Hintergründe zum Roman.

    Die Lektüre kann also nur bedingt empfohlen werden.


    Günter Neuwirth
    Dampfer ab Triest

    Taschenbuch: 471 Seiten

    Herausgeber: Gmeiner-Verlag; 2021. Edition (10. März 2021)
    ISBN-10: 383922800X
    € 16,00 [D]

  • Nienke Jos: Die Angst der Schweigenden

    Ich habe gelesen: „Die Angst der Schweigenden“ von Nienke Jos.

    Ein Schneesturm zwingt Inna, die Nacht über in einem alten Fabrikgebäude (ihrem Arbeitsplatz) auszuharren. Plötzlich taucht ein Unbekannter auf. Igor gibt vor, ein Wanderer zu sein, der ebenfalls vom Unwetter überrascht wurde. Inna gewährt ihm Schutz. Die Nacht ist lang, die Stunden scheinen endlos. Zwischen den beiden entspinnt sich eine zunächst harmlose Unterhaltung, die zunehmend von unangenehmen Fragen bestimmt wird. Und an einem dunklen Geheimnis rührt …

    Es braucht ein geraumes Weilchen, bis die Geschichte an Fahrt gewinnt. Drei Handlungsstränge werden gesponnen – zunächst nur in verwirrenden Bruchstücken und mit immer neuen Protagonisten. Erst nach gut einem Drittel der Lektüre beginnt sich das Puzzle zu einem Ganzen zu fügen. Das Durchhalten lohnt aber unbedingt. Denn mit zunehmendem Verständnis erschließt sich eine fesselnde, gleichermaßen verblüffende wie verstörende Geschichte, die wortwörtlich bis zum Ende überraschend bleibt. Nur ungern habe ich das Buch zwischenzeitlich aus der Hand gelegt.

    “Die Angst der Schweigenden” kann also, verbunden mit dem Hinweis auf den etwas langwierigen und zähen Prolog, mit gutem Gewissen empfohlen werden.


    Nienke Jos
    Die Angst der Schweigenden: Thriller

    Taschenbuch: 309 Seiten

    Herausgeber: Gmeiner-Verlag; 2021. Edition (10. Februar 2021)
    ISBN-10: 3839227208
    € 15,00 [D]

  • Olivia Monti: Das Haus

    Ich habe gelesen: „Das Haus“ von Olivia Monti. Ein Kriminalroman.

    Ein altes Mietshaus, schräge Bewohner*innen und eine erste Leiche: Der stille Medizinstudent Enis wird am Morgen nach einer Party tot aufgefunden. Er ist aus seiner Wohnung in die Tiefe gestürzt und, wie sich schnell herausstellt, Opfer eines Verbrechens. Damit beginnt eine Reihe unheimlicher Vorfälle: Menschen verschwinden und es gilt weitere Mordopfer zu beklagen. Alsbald verdächtigt jeder jeden. Die Polizei und die stetig abnehmende Hausgemeinschaft tappen im Dunkeln, denn ein klares Muster ist hinter den Taten nicht zu erkennen …

    Das Ende der Geschichte kommt spät, zufällig und wahrlich überraschend – voilà! Neben dem Ausgang der Handlung muss die ungewohnte Sichtweise dieses Kriminalromans gelobt werden: Im Fokus stehen mitnichten die Ermittlungen der Polizei, sondern die Ängste und Mutmaßungen der Bewohner*innen. Das ist ungewohnt, wurde aber von der Autorin (1960 geboren, studierte Rechtswissenschaftlerin und seit 1994 freie Autorin) eingängig und einfühlsam auf den Punkt gebracht. So weit, so gut.

    Missfallen haben mir, neben der mitunter Geduld erfordernden Story, die nervtötenden und sich leider wiederholenden Ausflüge in die dunklen Gefilde der Parapsychologie (trägt das Haus selbst auf übernatürliche Weise Schuld am Geschehen?). Auf das etwas ausufernde Geschwurbel hätte ich gerne verzichtet.

    Die Lektüre kann somit nur bedingt empfohlen werden.


    Olivia Monti
    Das Haus: Kriminalroman

    Taschenbuch: 194 Seiten

    Herausgeber: epubli; 1. Auflage (11. August 2020)
    ISBN-10: 3752984430
    € 7,99 [D]

  • Jan-Christoph Nüse: Vier Tage im Juni

    Ich habe gelesen: „Vier Tage im Juni“ von Jan-Christoph Nüse.

    Deutschland, im Sommer 1963, inmitten der Hochphase des Kalten Krieges. John F. Kennedy kommt nach Europa. Eigentlich sollte es nur einen Irlandbesuch und eine Audienz beim Papst in Rom geben, doch der amerikanische Präsident ließ sich – auf Drängen Adenauers – zu einem Deutschlandbesuch überreden. Vier Tage reiste er mit diesem durch das Land, besuchte als erster amerikanischer Präsident West-Berlin und bekräftigte in seinen Reden die andauernde Unterstützung Deutschlands seitens der USA als alliierte Schutzmacht. Millionen Menschen jubelten ihm zu.

    Trotz der demonstrierten Einigkeit gab es starke Meinungsverschiedenheiten zwischen Adenauer und Kennedy über den richtigen Umgang mit der Sowjetunion. Die deutsche Seite befürchtete ein zu nachgiebiges Verhalten der Amerikaner in den angestrebten Friedensverhandlungen um West-Berlin. Viele Gegner Kennedys in Politik, Militär und Geheimdiensten bangten zudem um die versprochene Bereitschaft der Amerikaner, Deutschland bei einem russischen Angriff auch mit Atombomben verteidigen zu wollen.

    Soweit der allseits bekannte, geschichtliche Rahmen. Die Fiktion beginnt mit einem gescheiterten Anschlagversuch gleich am ersten Tag des Besuchs. Im Mittelpunkt der darauf folgenden, hektischen Ermittlungen steht der Ermittler Thomas Malgo, der seinen Chef Paul Dickopf, Chef der Sicherungsgruppe in Bonn, während dessen Abwesenheit vertreten soll. Es entwickelt sich ein turbulentes Geschehen …

    Jan-Christoph Nüse präsentiert in seinem neuen Roman einmal mehr (wir erinnern uns an „Operation Bird Dog“) eine spannungsvolle, authentische Story vor einer aufwendig recherchierten historischen Kulisse. Ich habe das Buch in Etappen gelesen und musste dabei ein, zweimal nachschlagen – das Personenregister auf den ersten Seiten hilft den Überblick über die (mir nur temporär etwas zu vielen) Figuren zu wahren. Gelobt werden muss der klare Erzählstil des Autors, dazu das ansprechend gestaltete Cover und die im Anhang zu findenden Anmerkungen, Quellen und Dokumente, die einer abschließenden Einordnung des Gelesenen zu Gute kommen.

    Ich mag ja solche Geschichten, die einen auf die Reise in unsere jüngere, nicht all zu ferne Vergangenheit mitnehmen. Wer ähnlich tickt und gute Polit-Thriller mag, sollte sich diese Lektüre nicht entgehen lassen.


    Jan-Christoph Nüse
    Vier Tage im Juni

    Taschenbuch: 352 Seiten

    Gmeiner-Verlag; 2020. Auflage (9. September 2020)
    ISBN-10: 3839227682
    € 16,00 [D]

  • Stefan Krücken: Sturmwarnung

    Ich habe gelesen: „Sturmwarnung“ von Stefan Krücken.

    Tattoos, Zigaretten und schwankende Planken. Kapitän Jürgen Schwandt, Jahrgang 1936 und Janmaat der ersten Stunde, hat alles erlebt, was ein Seemann erleben kann. Schon früh ging er zur See, ließ das zertrümmerte Hamburg der Nachkriegsjahre hinter sich und tauchte ein in das Leben, das er sich immer gewünscht hatte. Dass das alles andere als ein Zuckerschlecken war – harte Arbeit, der stete Kampf mit den Elementen – geschenkt, Jürgen Schwandt war von der Pike auf dabei und blieb es auch.

    Stefan Krücken, Verleger und Reporter gleichermaßen, hat diese Geschichte chronologisch notiert. Es ist eine bemerkenswert turbulente Biografie geworden, Jahrzehnte voller Abenteuer, alle liebevoll erzählt und natürlich äußerst vergnüglich für solch Menschen, die Ähnliches im Sinne hatten und zum Teil auch erleben durften. Kapitän Schwandt, mit all seinen Erfahrungen, im Guten wie im Bösen, blieb dabei stets voller Respekt und Toleranz für seine Mitmenschen – ein Kosmopolit wie aus dem Bilderbuch.

    Was auch schön ist: Das Buch ist eine Augenweide. Es kommt im Leineneinband, fadengebunden und mit Lesebändchen. Dazu kommen zahlreiche Illustrationen und alte und neue Fotografien. Im Anhang finden sich einige ergänzende Kolumnen aus der Hamburger Morgenpost, für die der alte Seebär ein Weilchen geschrieben hat und mit denen er, wohlverdient, auch überregionale Bekanntheit erlangte.

    Im Fazit ein unterhaltsames Lesevergnügen, leicht und locker für den Sommer, dem ein wenig mehr Tiefgang, an der einen und der anderen Stelle, gewiß noch mehr Würze verliehen hätte.


    Stefan Krücken
    Sturmwarnung. Das aufregende Leben des Kapitäns Jürgen Schwandt.

    Gebundene Ausgabe: 230 Seiten

    Ankerherz Verlag; Auflage: Originalausgabe (15. April 2016)
    ISBN-10: 3945877008
    € 19,80 [D]

  • Leonie Swann: Mord in Sunset Hall

    Ich habe gelesen: „Mord in Sunset Hall“ von Leonie Swan.

    Da ist diese seltsame Senioren-WG, in einem Haus in einem Dorf in der englischen Provinz. Agnes und ihre Mitbewohner, die Schildkröte Hettie inklusive, möchten einfach nur einen ruhigen und vor allem selbstbestimmten Lebensabend in ihrem Haus Sunset Hall verbringen. Alle sind schon deutlich betagt, pflegen aber, trotz der vorhandenen Defizite, den liebevollen Umgang miteinander. Die Aufgaben sind klar verteilt, und sie ergänzen sich bestens.

    Mit dem Fund einer toten Mitbewohnerin im Schuppen gerät die Gemeinschaft aus dem Tritt. Die Idylle ist vollends gestört, als kurz darauf der Mord an einer weiteren älteren Dame, noch dazu in der unmittelbaren Nachbarschaft, entdeckt wird. Kurzentschlossen machen sich die streitbaren Senioren, samt Schildkröte und dem gerade hinzu gekommenen Wolfshund Brexit (Charlie, „Die Neue“, ist eben eingezogen), auf Mörderjagd …

    Im Fazit ist „Mord in Sunset Hall“ eine wunderschöne Kriminalkomödie, deren Lektüre so kurzweilig wie angenehm ist. Die Protagonisten sind allesamt liebenswerte, authentische Charaktere, das turbulente Geschehen ist reich an skurrilen und aberwitzigen Situationen. Und die Autorin versteht es vorzüglich, existenzielle Fragen, bezogen auf das Altern an sich und wenn, dann bitte doch in Würde, mit der Story zu verknüpfen.

    Ich habe mich köstlich amüsiert.


    Leonie Swann
    Mord in Sunset Hall

    Umfang: 448 Seiten

    Goldmann Verlag; Auflage: Originalausgabe (25. Mai 2020)
    ISBN-10: 3442315565
    € 20,00 [D]

  • Raynor Winn: Der Salzpfad

    Ich habe gelesen: „Der Salzpfad“ von Raynor Winn.

    Die Eheleute Raynor und Moth Winn verlieren von „heute auf morgen“ ihre Farm in Wales. Das Hab und Gut wird gepfändet, zudem bekommt Moth, gesundheitlich angeschlagen, von seinem Arzt eine vernichtende Diagnose. Nach 32 Ehejahren stehen sie vor dem Nichts – die Schicksalsschläge drohen das Ehepaar komplett aus der Bahn zu werfen. Um niemandem zur Last zu fallen und sich einen Rest von Würde zu bewahren, lassen Raynor und Moth alles zurück und begeben sich auf Wanderschaft. Der Weg wird zum Ziel, und der South West Coast Path soll es sein, mit seinen 1.014 km Länge Großbritanniens längster ausgeschilderter Fernwanderweg.

    Zwei Rucksäcke, die Schlafsäcke und ein kleines Zelt, dazu ein Budget von ca. 50 Euro die Woche – die Eheleute sind gerade mit dem Allernötigsten ausgestattet. Ihr zu Hause ist dort, wo sie gerade sind. Sie erfahren Freud und Leid zu gleichen Teilen, erleben Ablehnung und herzliche Begegnungen und schöpfen Kraft in der wilden Natur der englischen Küste.

    „Der Salzpfad“ ist kein Reise- oder Wanderführer im wörtlichen Sinne – nicht der berühmte Küstentrail und das Abenteuer stehen im Fokus, sondern diese außergewöhnliche Zeit im Leben zweier Menschen. Ich mag, wie sie erzählt wird: Lakonisch knappe Dialoge, selbstironisch und liebenswert, manchmal verbittert, aber niemals rührselig. Dieses Buch ist ein Reisebegleiter, der Mut macht, und somit absolut lesenswert.


    Raynor Winn
    Der Salzpfad

    Umfang: 336 Seiten, 13,5 cm x 21 cm

    DUMONT REISEVERLAG
    ISBN: 978-3-7701-6688-6
    € 14,99 [D]

    Erscheinungstermin: Mai 2019