Posterstein, ein 450-Seelen-Ort im Thüringischen, war das lange schon geplante Ziel. Um in eine dieser Ecken hineinzuschnuppern, die wir so gar nicht kennen, und auf Empfehlung eines Herren, den Sie alle kennen.
Der Freitag
Die Anreise, einchecken und ein ausgedehnter Spaziergang im und um den Ort. Kein Bäcker, kein Fleischer, kein gar nichts, aber ein nettes und feines Hotel, zwei Wirtschaften, ein Espresso im ehemaligen Herrenhaus, zum Abend wurde dann zwei Etagen tiefer getafelt – vom Feinsten, das Rostbrätl muss gelobt werden. Bekannt ist der Ort aber vor allem für die kleine, liebenswerte Burg, die dort über allem thront – die wurde natürlich ebenso in Augenschein genommen. Wir sind zu viert angereist, und der Abend klang aus beim Schwatz, beim guten Roten und Knabbergebäck – man hat sich schließlich lange nicht gesehen und überhaupt.
Der Samstag
Nach dem zünftigen Frühstück wurden die Wanderstiefel geschnürt. Elf Grad Celsius, der Himmel blau und die Sonne satt – es war ein goldiger Tag im Herbst. Wir liefen in Posterstein los, schritten durch das Sprottetal und nach Nöbdenitz hinein. Der Ort ist bekannt für seine 1000 jährige Eiche, einen der ältesten deutschen Bäume, in dessen Wurzelraum sich eine gemauerte Gruft mit dem Leichnam des 1824 verstorbenen Rittergutsbesitzers Hans Wilhelm von Thümmel befindet. Das nenne ich mal ein originelles Gebaren zum Abgang, dergestalt, dass man noch lange davon reden wird … Hut ab dafür!
Vom Ortsausgang ging es dann weiter über die Felder hinüber nach Tannenfeld – dort schlummert seit Jahren eine kleine spätbarocke Schlossanlage mit Landschaftspark im englischen Stil den Dornröschenschlaf.
1794 erwarb Herzogin Anna Dorothea von Kurland das Areal und ließ in den folgenden Jahren ein Schlösschen im klassizistischen Stil errichten. Sie legte einen Landschaftspark an, der heute mit über 50 Rhododendronarten ausgestattet ist. 1899 gründete Dr. med. Paul Friedrich Arthur Tecklenburg ein modernes Sanatorium für Gemüts- und Nervenkranke. Bekanntester Patient war 1912 Rudolf Ditzen, alias Schriftsteller Hans Fallada.
Sehr verwunschen, sehr ruhig und mondän, aber keinesfalls ungepflegt und zum Flanieren empfohlen, wenn die Gemäuer gelegentlich auch etwas unheimlich scheinen. Man möge sich im Vorfeld mit der Geschichte der Anlage befassen, zum besseren Verständnis.
Nach kurzer Rast liefen wir dann wieder hinunter zur Autobahn, zurück nach Posterstein und mit der Burg als Ziel – zum Zwecke der notwendigen, genauen Inspektion (komoot).
Die Burg Posterstein
Ich fasse zusammen: Die Burg Posterstein, thronend auf einem Felsvorsprung über der Sprotte, blickt auf eine über 800-jährige Geschichte zurück. Ihre Anfänge reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück, als sie als kleine Ministerialenburg errichtet wurde. Im Laufe der Zeit wurde sie mehrfach umgebaut und erweitert, wobei ihr heutiges Erscheinungsbild vor allem von der Renaissance geprägt ist.
Die Burg spielte eine bedeutende Rolle in den politischen und militärischen Auseinandersetzungen der Region. Sie diente als Schutzburg und Residenz adliger Familien. Nach wechselvollen Besitzverhältnissen und einer Zeit des Verfalls wurde die Burg in den 1990er Jahren umfassend saniert. Heute beherbergt sie ein kulturhistorisches Museum, das einen Einblick in die Geschichte der Burg und der Region gibt.
Der Besuch lohnt unbedingt, vor allem Familien mit Kindern dürften dort auf ihre Kosten kommen. Die älteren Leute dürfen sich zwei Ausstellungen zu Gemüte führen (einmal zur Geschichte der Burg, zum Anderen zur Europäischen Salongeschichte – die Herzogin Anna Dorothea von Kurland gehörte zu den bekanntesten Salonieren des 19. Jahrhunderts), zudem wird parallel und verteilt über die gesamte Burg die interaktive Familien-Ausstellung “Die Kinderburg” präsentiert, welche die lieben Kleinen ordentlich einbindet. Auch schön: der Burgfried, den man über eine knarrende hölzerne Wendeltreppe besteigen kann und der geheimnisvolle Geheimgang, welcher sich … aber psst, das behalte ich einstweilen doch lieber für mich.
Auch dieser schöne Tag klang aus wie der vorherige, wir besuchten allerdings die andere Wirtschaft vor Ort und sind des Lobes voll: Das Kaffee-Thymian-Schnitzel sollten Sie unbedingt einmal probieren.
Zuletzt der Sonntag
Die Nacht war von Sturmwind und Regen gezeichnet. Nach dem Morgenkaffee fuhren wir heimwärts, verbunden mit einem Abstecher nach dem uns bis dato unbekannten Altenburg. Ein Stadtbummel also, so über Mittag, die alte Residenzstadt, einmal durch die Altstadt und wieder zurück. Das Theater, das Residenzschloss und vor allem dieser historische Friseursalon aus den 1920er Jahren sind einen Blick wert. Ansonsten waren wir, man muss es so sagen, nur wenig erbaut und angetan – mit jedem Schritt wurden die Gesichter länger. Aber gut, ich will hier nur loben – diesen Friseursalon müssen Sie unbedingt einmal gesehen haben, das ist eine Zeitreise der feinen Art!
So war das alles, an diesem sonnigen Wochenende im Oktober. Schön war es, und wir werden lange davon zehren müssen.
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