Rappelsnut

Wandern, Punkrock und der ganze Rest

Das Weblog

  • Am Beispiel meines Bruders

    Ich habe gelesen: „Am Beispiel meines Bruders“ von Uwe Timm.

    Mit dem Tod der Eltern und der Schwester sieht sich der Autor endlich in der Lage, die Geschichte seines 1943 in Russland gefallenen und ihm so fremden Bruders aufzuarbeiten. Feldpostbriefe, ein Tagebuch und die Erinnerungen seiner Eltern leisten dabei Hilfestellung.

    Uwe Timm erzählt behutsam, möchte nichts beschönigen und nichts verschweigen in diesem sehr persönlichen Buch. Warum meldete sich Karl-Heinz seinerzeit freiwillig zur Waffen-SS? Blieb er nur ein Soldat, oder wurde er auch zum Täter? Und wie stand es genau um Vater und Mutter zu jener dunklen Zeit? Viele Fragen bleiben unbeantwortet …

    Eine deutsche Familiengeschichte, wie sie wohl tausendfach geschrieben steht – klug geschrieben und ganz und gar empfehlenswert.

  • Der Mann, der Hunde liebte

    Ich habe gelesen: „Der Mann, der Hunde liebte“ von Leonardo Padura.

    Zentrales Thema dieses Romans ist die Geschichte des Trotzki-Mörders Ramón Mercader (Wikipedia). Wir erinnern uns: am 20. August 1940 wurde Leo Trotzki in seinem Anwesen in Coyoacán, einem Vorort von Mexiko-Stadt, von einem Agenten des sowjetischen Geheimdienstes NKWD (und natürlich im Auftrag Väterchen Stalins) mit einem Eispickel erschlagen.

    Leonardo Padura verweist ausdrücklich auf die Erzählform des Romans, orientiert sich dabei jedoch weitestgehend an den Tatsachen. Dabei schildert er uns das Geschehen in drei Handlungssträngen: die Entwicklung Ramón Mercaders zum Einen, Trotzkis Jahre im Exil zum Anderen und parallel dazu das Leben des erfolglosen kubanischen Schriftstellers Iván, der Mercader in dessen späten Jahren zufällig am Strand von Havanna begegnet. Schauplätze dieser Geschichte sind also das Mexiko Frida Kahlos (!), der spanische Bürgerkrieg, das heutige Kuba und immer wieder die damalige Sowjetunion.

    In Summe mit Paduras lebendiger Prosa geht diese Strategie ganz und gar auf – das Werk hat (m.E.) das Potential zu einem Jahrhundertroman.

    Wer weiß schon heute noch um die genauen Umstände der russischen Revolution, die Machtübernahme Stalins und die dann einsetzenden Wellen der sogenannten „Säuberungen“? Wie war das genau mit dem spanischen Bürgerkrieg? Und welchen Einfluss hatte Moskau in den 30er und 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf die europäische Linke und die Neugestaltung der Machtverhältnisse in Europa?

    „Der Mann, der Hunde liebte“ gibt die Antworten auf all diese Fragen, und sei von daher allen, die an der Geschichte des 20. Jahrhunderts interessiert sind, ausdrücklich zur Lektüre empfohlen.

  • Babbeljahn und daddeldu

    Ich habe gelesen: „Babbeljahn und daddeldu“ von Friedrich Seibicke.

    Thema dieses Buches ist die „christlich-sozialistische Seefahrt“ unter Hammer und Zirkel und der Flagge Blau-Rot-Blau – wie es so schön im Klappentext heißt. Der Autor Friedrich Seibicke ist von 1963 bis 1978 als Funker bei der Deutschen Seereederei zur See gefahren und lässt uns im Nachhinein an seinen Reisen teilhaben.

    So weit, so gut. Mit Blick auf die eigene Laufbahn (ich war bis ’91 dabei) ist mir das Werk als ein Dokument seiner Zeit durchaus willkommen – geht es doch vor allem auf jene Jahre ein, die in den 80er und 90er Jahren von meinen Altvorderen stets als die „Güldenen Jahre“ der christlichen Seefahrt gelobt wurden. So lesen wir also (neben anderem) von den noch entbehrungsreichen Zeiten an der Seefahrtsschule in Wustrow, den Fahrten auf dem legendären Fracht- und Lehrschiff „J.G. Fichte“ und diversen Südostasien- und Südamerika-Reisen. Interessant bebildert und gespickt mit dieser und jener Anekdote weiß der Wortwitz des Autors durchaus zu gefallen.

    Geschmälert wird das kurzweilige Lesevergnügen jedoch (und zwar nicht unerheblich) durch die zahlreichen Kalauer, welche der Autor – gleich einem „Flächenbombardement“ – über die 470 Seiten meint verteilen zu müssen. Die Schmerzgrenze wurde dabei und nach meinem Verständnis zu oft überschritten – so dass ich das Buch letztlich nur in Etappen lesen konnte. Hier wäre ein gründlicheres Lektorat gewiss von Vorteil gewesen.

    Von daher sei diese Lektüre nur unter Vorbehalt und im Grunde auch nur jenen Menschen empfohlen, die in die Thematik auf die eine oder andere Weise involviert sind. Alle anderen an der DDR-Seefahrt Interessierten schauen sich besser die in schöner Regelmäßigkeit ausgestrahlten Wiederholungen der bekannten Fernsehserie an …

  • Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers

    Ich habe gelesen: „Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers“ von Walter Isaacson.

    Klarer Fall – an diesem Buch kommt der mensch (als Fanboy) nicht vorbei. Die Lektüre währte zwar etwas länger als gewohnt – im Fazit kann ich sie aber mit ruhigem Gewissen empfehlen. Und zwar auch denjenigen unter uns, die nicht so technikaffin sind …

    Worum es geht, dürfte klar sein: das Leben des Steve Jobs – und zwar mit all seinen Ecken und Kanten. Angefangen mit der Geschichte zweier Elternpaare, dem Verlauf von Kindheit und Jugend, den ersten Bastelarbeiten in der Garage bis hin zur Geburt des Macintosh – der Autor erläutert sehr detailliert (jedoch nicht zu ausschweifend) den Lebenslauf des im Oktober vergangenen Jahres verstorbenen Apple-Gründers.

    Kein Thema bleibt außen vor – vom Rauswurf bei Apple, den Jahren bei Next und Pixar sowie der triumphalen Rückkehr wird ausführlich berichtet. Dazu die Familie, Jobs‘ Obsession für Kontrolle und Details – vieles hat man im Ansatz ja schon einmal gehört und gewusst – hier jedoch lässt es sich explizit nachlesen.

    Walter Isaacson genoss als Autor uneingeschränktes Vertrauen. Er führte zahlreiche Gespräche mit Steve Jobs und dessen WeggefährtInnen, welche ihm letztlich zu diesem gelungenen, detailgenauem Porträt des Mannes verhalfen. Einziges Manko an dieser, meiner Erstausgabe ist die deutsche Übersetzung, die mitunter etwas schwächelt. Die mittlerweile erhältliche Auflage soll jedoch ordentlich überarbeitet sein … Lesen!