Rappelsnut

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Stierblutjahre: Die Boheme des Ostens

Ich habe gelesen: „Stierblutjahre: Die Boheme des Ostens“ von Jutta Voigt.

Die Journalistin und Autorin Jutta Voigt widmet sich in ihrem Buch den Künstlern und Alternativen des Ostens, sprich den Bohemiens in der DDR. Sie erinnert an eine längst vergangene Zeit, die sich vor allem, aber nicht nur (Dresden-Loschwitz findet auch Erwähnung), mit der Szene im Prenzlauer Berg in Ostberlin verbindet.

Als mensch, der Mitte der 60er Jahre in dieses Land hineingeboren wurde, wusste ich natürlich um die Existenz der Szene, wenngleich es nur wenige, späte Berührungspunkte gab. Das Leben in der DDR war billig, und das System machte es einem auch leicht: Um dem gefürchteten „Asozialenparagrafen“ zu entgehen genügte der Nachweis über eine Mindestbeschäftigung in irgendeinem Hilfsjob. So fanden sich schnell Freiräume, in denen all jene, die sich dem real existierenden Sozialismus verweigerten, sich für oppositionell oder künstlerisch begabt hielten (und zu einem guten Teil auch waren), zusammenfanden. Die Szene, mit all ihren Promis, den tatsächlichen Dissidenten und den verkannten Talenten, kannte und feierte sich, stets und ständig und immer kritisch beäugt von der Staatssicherheit.

Jutta Voigt arbeitet diese Zeit chronologisch auf, erzählt als Zeitzeugin von einer kurzen Phase der Hoffnung in den 50ern, der Frustration nach dem Mauerbau, den wilden 70ern und dem sich andeutendem Grande Finale in den 80er Jahren. Sie hat immer am Prenzlauer Berg gewohnt, schrieb dazumal für die Wochenzeitung „Sonntag“ und kannte Hinz und Kunz und deren Treffpunkte, die Künstlercafés, die Kneipen und die Partyzentralen. Viele bekannte Namen fallen, Brecht und Müller, Hacks, Castorf oder Krug, Thalbach und Anderson, um nur einige wenige zu benennen (und Neugierde zu erwecken).

Kurzum: „Stierblutjahre: Die Boheme des Ostens“ ist eine liebevoll erzählte, lesenswerte Aufarbeitung und Chronik der künstlerisch-alternativen Szene der DDR.


Jutta Voigt
Stierblutjahre: Die Boheme des Ostens

Gebundene Ausgabe: 272 Seiten
Aufbau Verlag; Auflage: 2. (17. Oktober 2016)
ISBN-10: 9783351036119
€ 19,95 [D]

2 Antworten zu „Stierblutjahre: Die Boheme des Ostens“

  1. Avatar von derbaum

    gelle, war ganz spannend! ;-)

    1. Unbedingt. Habe aber ein Weilchen gebraucht, um mich auf das Thema einlassen zu können.

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