Rappelsnut

Wandern, Punkrock und der ganze Rest

Sieben Tage auf dem Lechweg

Zur Erläuterung: Der Lechweg ist ein mittelschwerer Weitwanderweg, der auf rund 125 Kilometer Länge durch verschiedene Regionen führt. Er startet an der Quelle des Lech – nahe des Formarinsees im österreichischen Bundesland Vorarlberg – und endet am Lechfall in Füssen im Allgäu. Dabei führt er durch eine der letzten Wildflusslandschaften Europas. Die Länge der Etappen bestimmt man selbst – man kann ihn in sechs bis acht Tagen schaffen, je nach Lust und Laune, natürlich abhängig von der individuellen Kondition. Der Weg bietet sowohl leichte Wanderabschnitte als auch anspruchsvolle Bergwege, bei denen allerhand Höhenmeter zusammenkommen.

Unsere Zeit war ein wenig knapp bemessen, so dass wir uns für sieben Tagesetappen entschieden. Von vornherein klammerten wir dabei die letze Etappe (von Pflach nach Füssen) aus, sie wird bei Gelegenheit nachgeholt. Wir planten die Touren genau und buchten die Quartiere vorneweg, um vor Ort ganz und gar die entspannte Wanderlust zu pflegen. Ich habe mir jeden Tag ein paar Notizen gemacht – sie folgen mit einigen Schnappschüssen anbei.


Sonnabend, 09. September

14.00 Uhr Ankunft in Lech am Arlberg (1.444 m). Ganze 8,5 Stunden Fahrt lagen hinter uns, davon haben wir knapp 1,5 Stunden im Stau verbracht (vor und hinter dem Grenztunnel Füssen). Unser Quartier war schön am Ortsrand gelegen, und trotz Dauerregen bei miesepetrigen 10°C spazierten wir durch den Ort, schauten uns um und machten noch einige Besorgungen. Nach einem kräftigen Abendessen ging es dann zeitig zur Ruh …


Sonntag, 10. September

1. Etappe: Formalinsee – Lech

Wir fuhren mit dem Bus (17 Euro incl. Maut je Nase) hinauf zum Formalinsee (1.793 m) und liefen an diesem hinauf bis zur Freiburger Hütte (1.931 m). Und staunten nicht schlecht ob des dortigen Schneefalls, der später in einen leichten Schneeregen überging. Immerhin war die Landschaft dort oben weiss gepudert – dieser Effekt verringerte sich natürlich mit jedem Schritt Richtung Tal. Aber gut, das Panorama war allemal überraschend und sowieso sehenswert. Und der erste Schnee schon Mitte September – das war für uns schon etwas Besonderes.

Wir liefen zunächst am Formarinbach, später am jungen Lech ins Tal hinab. Der gelegentlich über Stege und Brücken führende Weg war – ob der Nässe und der trotz des Wetters zahlreichen Wanderer – besonders im oberen Teil nicht leicht zu gehen. Viel Schlamm, viel Wasser. Immerhin ließ der Regen im Laufe des Tages nach, und als wir im Wirtshaus Älpele zu einer kurzen Rast einkehrten, schien gar die Sonne. Letzthin wurde der Weg besser und nach sechs Stunden und 18 Kilometern in zauberhafter Landschaft kamen wir wieder in Lech an.


Montag, 11. September

2. Etappe: Lech am Arlberg – Stubenbach – Kuhschwab – Warth – Gehren

Nach dem Frühstück stellten wir das Auto im Parkhaus im Anger in Lech ab (die Preise sind für Streckenwanderer gemacht – mal eben fünf Euro werden für bis zu 14 Tage fällig). Dann ging es weiter auf dem Lechweg. Wiederum in einer sehr reizvollen Landschaft und mit viel Auf und Ab. Die Vermutung, den Lechweg talwärts zu beschreiten sei eine bequeme Sache, ist falsch: täglich kommen viele Höhenmeter zusammen, da der Weg oftmals hoch oben am Hang verläuft, die Seite wechselt, hinunter zum Fluss führt und dann wieder hinauf.

Ein kleines Ungemach widerfuhr mir beim Abstieg auf einer pitschnassen Bergwiese: der mensch rutschte aus und lag der Länge nach im Schlamm. Nicht weiter schlimm – nur der Verlust eines Trekkingstocks, der bei der Aktion wie ein Streichholz zerbrach, schmerzte ein wenig. Fortan trat ich also mit nur einem Stock auf, dazu Bart und lange Regenkutte …

Mit dem am Nachmittag einsetzenden Regen langten wir nach sechs Stunden, 13,5 km und vielen Höhenmetern in unserem Quartier in Gehren an. Dabei interessant: Da es in der Siedlung keine Wirtschaft mehr gibt, kann man sich per kostenfreiem Wirtshaus-Taxi hinauf nach Warth zum Abendessen chauffieren lassen. Das passte soweit.


Dienstag, 12. September

3. Etappe: Gehren – Lechleiten – Steeg – Holzgau – Schönau

Wir starteten am Morgen in strömendem Regen. Finster war es, und kalt dazu. Von Lechleiten führte zunächst ein bildschöner Panoramaweg (kaum Sicht, viele Wolken – siehe Foto) am Hang entlang, später folgten endlose Serpentinen nach Steeg hinunter. Dort gönnten wir uns eine kurze Rast auf der Terrasse der Naturkäserei Sojer. Ein herzhafter Imbiss, dann schnell weiter, denn tatsächlich kam kurz die Sonne heraus. Später, dann schon in Holzgau, ein Bohnenkaffee am Markt. Neuerlicher Regen begleitete uns bis Schönau, wo wir ein einfaches Zimmer unter dem Dach bezogen. Abendessen gab es im Schönauer Hof, und es war vorzüglich.

20 Kilometer sind wir gelaufen, in sieben Stunden. Entsprechend zeitig lagen wir – mit runden Füßen – in der Koje.


Mittwoch, 13. September

4. Etappe: Holzgau – Höhenbachtal – Schigge – Stockach – Bach – Elbigenalp

Nach gutem Frühstück liefen wir zunächst nach Holzgau zurück, um an der Hängebrücke über die Höhenbachschlucht wieder auf den Lechweg zu kommen. Diese ist beeindruckende 200,5 Meter lang und 110 Meter hoch, schwingt ordentlich beim Überqueren und ist im Ganzen ein imposantes Bauwerk. Am schönsten wirkte es im Rückblick, als ich auf der anderen Seite zum Durchatmen kam. Nun gut … Ein sehr schöner, aber anspruchsvoller Bergweg führt dann weiter nach Bach.

Habe ich schon erwähnt, dass es tatsächlich einmal nicht regnete?

Nach einem ordentlichen Anstieg fanden wir uns zum Mittag an der Talstation der Jöchelspitzbahn wieder, und kurzentschlossen gönnten wir uns die Auszeit und fuhren hinauf auf die Jöchelspitze. Ohne Rucksack (12 kg incl. Wasser) ist es doch auch einmal schön. Oben wehte allerdings ein eisiger Wind, und nach exakt fünf Minuten begann es zu regnen … Es war ein Elend. Also verkrümelten wir uns nach kurzem Rundumblick in der Bergbaude, gönnten uns ein isotonisches Getränk mit Blume und fuhren wieder hinab zu unseren Rucksäcken, die ein freundlicher Mitarbeiter der Bergbahn derweil im Trockenen platziert hatte.

Der Lechweg führte dann ohne Höhenunterschied direkt am Fluss bis nach Elbigenalp. Wir bogen ab in den Ort und fanden nach 14,5 km eine gemütliche Unterkunft vor. Zum Abend dann das bemerkenswert gute Schnitzel im Schwarzen Adler.


Donnerstag, 14. September

5. Etappe: Elbigenalp – Häselgehr – Elmen – Vorderhornbach – Stanzach

Sonnenschein und Himmelblau – wir konnten tatsächlich im T-Shirt gehen. Bis Häselgehr verläuft der Weg bequem am Lech, dann folgen diverse Höhenmeter und der Pfad führt weit oben entlang am steil abfallenden Hang. Ein attraktiver, aber kräftezehrender Bergweg mit tollen Panoramen. Mittags zog sich der Himmel zu, ein kalter Sturmwind kam auf und es währte nicht lange, bis wir einmal mehr im strömenden Regen wanderten.

In Vorderhornbach eine kurze Einkehr, Apfelstrudel und Bohnenkaffee, rabenschwarz. Dazu der wohlige Wärme verbreitende Kachelofen und die Geburtstagsfeier einer (geschätzt) 100jährigen Dame. Am späten Nachmittag wiederum ein gemütliches Zimmer mit freundlicher Gastgeberin und am Abend (nach 21 km) die Einkehr in das Wirtshaus vor Ort. Der Saal war voll mit Wanderern und wir trafen auf so manches Pärchen, dass wie wir auch dem Fluss in dieser Woche folgte. Diese unverhofften Wiedersehen ergaben sich im Übrigen beinahe jeden Tag – der Lechweg ist sehr populär.


Freitag, 15. September

6. Etappe: Stanzach – Forchach – Weißenbach – Höfen – Wängle

Nach gutem Frühstück bei kühlen 3°C losgelaufen. Erst einmal wieder am Fluss entlang der sehenswerten Schotterbänke, nächster Höhepunkt war dann die Forchacher Hängebrücke. Diese wurde im Jahr 1906 erbaut und ist etwa 75 Meter lang. Von der Brücke hat man einen tollen Blick auf den wilden Lech und überhaupt: Sie schwebte nur wenige Meter über dem Fluss und gefiel mir daher ausgesprochen gut.

Dann dicht bewaldete Flusslandschaft bis Weißenbach, hier schägt der Lechweg einen Bogen um das sich weit öffnende, herzallerliebst anzuschauende Tal. Bis Höfen war es noch ein angenehmes Gehen – mit der Rückkehr an den Fluss wurde es jedoch erstmalig unschön: Der Weg verlief nun viele Kilometer und schnurgerade am Lech, streckenweise ist die Landschaft auch eine Großbaustelle. Die Alternative zu dieser endlosen Schotterpiste ist der Weg über den Klausenwald, man kommt so hinauf zur Ruine Ehrenberg, der highline179 und der Festung Schlosskopf. Wir sind diese leider nicht gegangen, empfehlen sie im Nachhinein aber unbedingt für diese im zweiten Teil doch sehr öde Etappe.

Am Ende waren es wieder 21 Kilometer Weg, als wir im Gasthof Kröll in Wängle anlangten. Aber immerhin: Am Tag fiel nicht ein einziger Regentropfen!


Sonnabend, 16. September

7. Etappe: Wängle – Costarieskapelle – Frauensee – Reutte

Am Morgen tiefe, graue Wolken und neuerlicher, anhaltend strömender Regen. Wir waren schnell wieder auf dem Lechweg und folgten dem steilen Aufstieg zur Costarieskapelle. Von dort eröffnet sich ein wunderbarer Panoramablick auf den Talkessel von Reutte – es sei denn, dieser hängt voller Wolken. Wir hatten daher nur wenig Sicht und stiegen im pitschnassen Busch wieder hinab zum schön gelegenen Frauensee.

Der Weg führte weiter ins Tal hinab und nachdem wir die Fußgängerbrücke über den Lech passiert haben, verließen wir den Lechweg. Das war von vornherein so geplant, die letzte Etappe von Pflach nach Füssen holen wir irgendwann einmal nach. Wir liefen also ins Ortszentrum von Reutte und warteten auf den Bus, der tatsächlich schon nach zehn Minuten kam und uns in gut 1,5 Stunden das Lechtal hinauf und zurück nach Lech am Arlberg brachte. Sie erinnern sich – dort wartete im Parkhaus das Automobil auf uns. Nach kurzem Aufenthalt in Lech fuhren wir über den Flexenpass hinüber ins Klostertal, wo wir die letzte Nacht in den Alpen verbrachten.


Sonntag, 17. September

Ausklang und Heimfahrt

Nach einem morgendlichen Schwatz mit unserer Wirtin im Klostertal galt es die Heimfahrt anzutreten. Wir gönnten uns jedoch noch einen Stopp bei Reutte – die highline179, eine weitere, imposante Fußgänger-Hängebrücke, interessierte uns dann doch gewaltig. Also noch einmal Puls und Adrenalinschub, und man brauchte ein Ticket, acht Euro waren das wohl.

Dann waren wir wieder auf der Autobahn, und nach knapp sieben Stunden Fahrt standen wir wieder vor dem Baumhaus in Dresden und wurden herzallerliebst empfangen (die Katze!).


Resümee

Wir haben eine Woche auf dem Lechweg verbracht, sind in sieben Tagesetappen insgesamt 118 Kilometer gewandert. Trotz überwiegendem Schietwetter war es eine sehr schöne Wanderung. Wir haben uns bewusst nicht für einen Höhenweg entschieden, wollten statt dessen auch die Leute und Orte im Tal kennenlernen und das hat auch so geklappt. Tolle Wege, tolle Blicke und wunderschöne Alpenlandschaft im Ganzen.

Der Lechweg ist überall gut ausgebaut und umfassend beschildert – eine Karte ist nicht zwingend notwendig. Quartiere gibt es reichlich, allerdings sollte man vorher buchen, denn der Weg ist extrem populär und wird von vielen Menschen in beide Richtungen begangen. Auch wichtig: Bei Bedarf gibt es die Möglichkeit, den schweren Rucksack von Ort zu Ort transportieren zu lassen – wir haben das jedoch selbst gemacht.

Im Fazit kommen wir gerne und ganz gewiß wieder.

6 Antworten zu „Sieben Tage auf dem Lechweg“

    1. Fürs Herzeln gibt es auch dieses Herzknöppel unter dem Titel. :)

      1. ja, stimmt. aber von unterwegs ist das immer nicht so einfach :-)

      2. Stimmt auch wieder. :)

  1. Avatar von apfelmann70
    apfelmann70

    Wunderschön!

  2. Das freut mich. Ich hoffe, damit euer Fernweh geweckt zu haben. :)

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