Ingwer ist 47 Jahre alt und Dozent an der Kieler Uni. Es kommt der Tag, an dem seine zusehends verwirrten Olen, Großmutter Ella und Großvater Sönke, nicht mehr alleine klarkommen. Ingwer will sich kümmern, verlässt seine WG und nimmt eine Auszeit, um in sein Heimatdorf, nach Brinkebüll in Nordfriesland, zurück zu kehren.
Der Empfang dort wirkt unterkühlt: Ella ist dement und Sönke grollt Ingwer auf ewig, weil er in die Stadt gegangen ist, um zu studieren, statt die Familienkneipe weiterzuführen. Das Dorf selbst, als Ort seiner Kindheit, ist nicht mehr wieder zu erkennen. Menschen sind kaum noch zu sehen, Lastzüge dröhnen durch den Ort, da ist keine Dorfschule mehr, kein Tante-Emma-Laden und auch die alte Kastanie auf dem Dorfplatz ist lange schon Vergangenheit. Flurbereinigung nennt man das, was in den 70er Jahren begann und zu Gunsten des Fortschritts dazu führte, dass es mit dem Dorf Brinkebüll bergab ging.
Die beiden Alten (sie stehen kurz vor der Gnadenhochzeit) halten trotzig die Stellung und lassen Ingwer spüren, dass er sich schon viel zu lange nicht um sie gekümmert hat. Der gibt sein Bestes und muss Schritt um Schritt erfahren, dass längst nicht alle Geheimnisse der Familiengeschichte gelüftet sind …
„Mittagsstunde“ ist der aktuelle Film von Lars Jessen, der auf dem gleichnamigen Bestseller der Schriftstellerin Dörte Hansen beruht und in diesen Tagen über die Leinwände flimmert. Es ist ein wunderschöner und sensibler Film, oft komisch, oft traurig, aber stets sensibel. Und er ist großartig erzählt. Mit Charly Hübner als Ingwer hätte man keinen Besseren finden können, und auch die anderen Figuren sind hervorragend besetzt. Gesprochen wird stets nur das Nötigste und das meist „op Platt“, (mit Untertiteln!) womit der Authentizität – allemal – Genüge getan sein dürfte.
Das Publikum im Dresdner PKO, uns eingeschlossen, war begeistert. Und Sie sollten ihn auch gesehen haben, diesen ganz besonderen, norddeutschen Heimatfilm.
Verweis: Mittagsstunde (Filmwebsite)
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