Prag, irgendwann in den Jahren nach der Jahrtausendwende. Eine Handvoll Protagonisten, denen der Sinn ihres Lebens abhanden gekommen ist. Petr etwa, der nach seinem abgebrochenen Studium bei der Straßenbahn arbeitet und um seine große Liebe trauert. Bei der Arbeit hört er am liebsten die kongenialen Joy Division – sein Hund Malmö begleitet ihn stets im Führerhaus. Dazu die junge Punkerin Vanda, die sich fest vorgenommen hat, anlässlich ihres 18. Geburtstages endgültig mit dem Koksen aufzuhören. Das wäre dann also in genau einem Monat.
An allem ist der Lärm schuld. Das Getöse. […] Der Lärm, hinter dem sich die Menschen verschanzen, weil sie Angst voreinander haben. […] Lärm, von dem sie eingeholt und vernichtet werden, ohne es überhaupt zu bemerken. Die Lärmepidemie. Der Lärm hat die Welt in Brand gesetzt und Vladimir den Krieg erklärt. Oder Vladimir hat ihm den Krieg erklärt. Es läuft auf dasselbe hinaus.
Wayne ist Amerikaner und ein erfolgreicher Anwalt; sein Leben gerät komplett aus den Fugen, nachdem er in den Nachrichten seinen im Irak stationierten Bruder blutüberströmt auf einer Trage sah. Des Weiteren Hana, die Karrierefrau aus dem Kulturministerium, die gerade im Flieger von Lissabon nach Prag sitzt und den Entschluss fasst, sich endgültig von Wayne zu trennen. Zuletzt Vladimir, der einst als Perkussionist im staatlichen Symphonieorchester gearbeitet hat und dessen Frau an Krebs gestorben ist. Er ist zweifellos die obskurste Figur im Geschehen, lebt im Plattenbau und führt einen einsamen Kampf gegen Lärm und laute Musik …
Fünf Menschen in fünf Episoden, alle geschickt miteinander verwoben und auf ein grandioses, kleines Finale zutreibend.
Alle haben Angst vor der Einsamkeit. Deswegen läuft überall Musik.
Die Stille in Prag ist Jaroslav Rudiš dritter Roman – im Jahr 2012 gelangte er in die Auslagen der gut sortierten Buchhandlungen. 2014 erschien dann Vom Ende des Punks in Helsinki (nicht zu vergessen die kongeniale Graphic Novel „Alois Nebel“, anno 2011 erschienen). Der Mann hat ein Faible für skurrile Protagonisten, und versteht es auf wunderbare Weise – manchmal etwas lauter, zumeist aber leise und voller Melancholie – Geschichte und Geschichten einzufangen, zu verknüpfen und uns zu erzählen. Wir sollten ihn im Auge behalten … Unbedingt.
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