Rappelsnut

Wandern, Punkrock und der ganze Rest

Das Weblog

  • Christian Borchert. Die große Retrospektive.

    Christian Borchert (01.02.1942–15.07.2000) zählt ganz sicher zu den herausragendsten deutschen Fotografen. In Dresden geboren war er hauptsächlich in seiner Heimatstadt und seinem späteren Wohnort (in Berlin) tätig. Seine Liebe zur Fotografie entdeckte er anno 1954, als er eine Rheinmetall Perfekta, eine Bakelit-Amateurkamera, mit dem Format 6×6 geschenkt bekam. Nach einem Studium an der Ingenieurschule für Filmtechnik in Babelsberg und der späteren Ausbildung zum Fotografen arbeitete er von 1970 bis 1975 für die Neue Berliner Illustrierte, um danach als freischaffender Fotograf tätig zu sein.

    Borchert, der sich stets als ein Chronist verstand, ist vor allem für seine Bilder aus dem DDR-Alltag bekannt. Seine beiden, mit Recht immer wieder gelobten Serien von Familienporträts, kombiniert mit kargen Angaben zum Aufnahmeort und dem Beruf der Abgebildeten, begeistern mich stets aufs Neue.

    Was mich an der Fotografie interessiert, ist, eine Mitteilung zu machen. Aber die wünsche ich mir gerecht, genau und ohne Übertreibung und Effekte, eben ›entsprechend‹, so daß andere – jetzt oder später oder an fremden Orten – sich eine Vorstellung machen können von Situationen und Verhältnissen. Es ist Fotografie gegen das Verschwinden.

    Christian Borchert

    Das Dresdner Kupferstich-Kabinett widmet Christian Borchert nun eine umfassende Ausstellung, um dessen vielgestaltiges Werk erstmalig zur Gänze und im Zusammenhang vorzustellen. Wir bekommen also Einblicke in die unterschiedlichsten Komplexe seiner Arbeit und sehen, neben anderem, die im Ansatz schon erwähnten Künstler- und Familienporträts, die Dokumentation zum Wiederaufbau der Semperoper oder die mir bis dato unbekannten Bilder aus Dokumentarfilmen.

    Ihr solltet euch die Zeit dafür nehmen – der Besuch lohnt unbedingt.


    Ausstellungsort: Residenzschloss Dresden, vom 26.10.2019 – bis 08.03.2020, täglich außer Dienstag 10 – 18 Uhr (regulär sechs Euro)

  • Der zweite Sonntag im September

    … ist stets dem Tag des offenen Denkmals vorbehalten. Die Erfahrung lehrt, an diesem Tag das anlassbezogene Gewimmel in den Städten zu meiden und, entsprechend der Möglichkeiten und Interessen, hinaus aufs Land zu fahren. Gestern fügte sich das, wir hatten die Zeit und es war gut so.

    Drei altehrwürdige Gemäuer standen auf der Liste, von denen Numero drei, das sei vorweggenommen, bereits bei der Anfahrt gekanzelt wurde. Zu viel Volk und deutlich zu viele SUVs in den schmalen Gassen von Liebstadt, nein danke. Es wird sich eine andere, bessere Gelegenheit finden, das Schloss Kuckucksstein in Augenschein zu nehmen (der letzte Besuch ist doch schon arg lang her).

    Deutlich besser lief es im ehemaligen Gesundheitspark Bad Gottleuba (heute Median-Klinik). Die Historischen Sammlungen gewährten eine Sonderführung durch das sogenannte Kurmittelhaus, welches seit 1996 leersteht und bis heute leider kein neues Nutzungskonzept erfuhr. Ganz kurz zur Erläuterung: Die dazumal sehr moderne Heilstätte wurde in den Jahren 1909 – 1913 errichtet. Das Gesamtwerk umfasste eine Parkanlage mit 34 Bauwerken im Jugendstil, die sich exzellent in die Landschaft des Gottleubatals einfügten. Und das oben im Bild zu sehende, schlossartig angelegte Kurmittelhaus bildete den Mittelpunkt. In ihm wurden sämtliche Anwendungen verabreicht. Heute steht es wie gesagt leer, und äußerlich schaut es auch noch ganz gut aus. Doch innen scheint die Zeit stehengeblieben, und es ist wahrhaft eine Zeitreise, die man bei solch einer Führung wie der gestrigen erfährt.

    So weit, so gut. Mehr sei hier nicht verraten, auch Fotos gibt es keine, habe ich doch – aus Gründen – ein Schweigegelübde unterschreiben müssen. Interessierte sollten sich an die Historischen Sammlungen wenden, gut möglich, dass es einmal zu einer Wiederholung dieser Besichtigung kommt – es lohnt unbedingt.

    Zweiter Anlaufpunkt war das Schloss Ottendorf (Bahretal Ortsteil Ottendorf). Ich bin schon manches Mal drumherum spaziert, jedoch noch nie hineingelangt. Gestern klappte das, das alte Landschloss (verbriefte Ersterwähnung 1294 als Grenzfeste, dann um 1500 Umbau zum Renaissanceschloss, Rittergut) öffnet neuerdings immer (und nicht nur) zum Tag des offenen Denkmals. Leider bekamen wir nur einen Teil der Führung mit, konnten uns aber, wie alle anderen Interessierten auch, im ganzen Haus frei bewegen. Und das ist ein abenteuerliches Unterfangen, denn der Zahn der Zeit nagt gewaltig an dessen Mauern.

    Immerhin: Es gibt einen Förderverein, der das Landschloss seit 2015 pachtet und um dessen Sanierung bemüht ist. Und die scheint dringend erforderlich … Lediglich einige Zimmer und zwei kleine Säle sind leidlich hergerichtet und somit benutzbar – der Großteil des Hauses befindet sich hingegen im bedauernswerten Zustand. Dem Vernehmen nach wird es als Förderprojekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gelistet – schauen wir mal, was daraus wird und welche Zukunft dem Anwesen beschieden ist.

    Nun gut. Sie sehen: Der gestrige Tag des offenen Denkmals war einer von den guten Tagen, durchaus reizvoll, spannend und hoch interessant. Ich hätte gerne mehr davon.

  • BEAT im BEET – Forum und Festival in Pirna

    Bands, Workshops, Zusammensein. Kunst und Musik und nette Menschen an einem ungewöhnlichen Ort. Das alles lokal, sprich hier in Pirna. Dem lobenswerten Ansinnen hat sich ein bunter Haufen lustiger Leute aus nah und fern (die alle irgendwie mit Pirna verbandelt sind) verschrieben. Ein kleines Festival ist geplant. Eines, das sich vielleicht etablieren könnte? Wenn denn die Premiere gelingt … Schaun wir mal.

    Stattfinden soll es im Spätsommer, vom 27. bis zum 29. September 2019. In einer leerstehenden Gärtnerei in Pirna-Jessen. Vorausgesetzt, die Kosten, welche über eine Crowd-Funding-Kampagne hereinkommen sollen, sind gedeckelt. Aktuell steht die Finanzierung bei knapp 60 Prozent, da geht also noch etwas. Und ich trommle sehr gerne dafür, denn die Wichtigkeit solcher Art von Bereicherung für Stadt und Region steht, gerade in diesen finsteren Zeiten, für mich außer Frage.

    Genauere Informationen zum BEAT im BEET Festival (also Bands, Unterkünfte, Tickets etc.) entnehmt ihr bitte der Website. Zur Crowd-Funding-Kampagne geht es hier entlang und den netten kleinen Imagefilm seht ihr ja anbei.

    So weit, so gut – ihr seid am Ball. Und ich drücke die Daumen.

  • Rock’n’Roll in Pirna

    Okay, das Stadtfest in Pirna liegt schon zwei Wochen zurück. Ich bin spät dran, möchte das Thema aber doch noch kurz aufgreifen. Und um etwaigen Irritationen vorzugreifen: Gemeint ist nicht das vergangene Stadtfest an sich – davon haben wir so gut wie nichts mitbekommen, sind doch gerade zwei, dreimal über den Markt und an den Elbwiesen spaziert.

    Der Augenmerk lag und liegt hier auf dem Alternativprogramm der Hutbühne, die im Laufe der Jahre, wenn auch mit Unterbrechung, zu einer Art Institution in Pirna geworden ist. Eine Institution in Sachen alternativer Musik, abseits der Schunkel-Brigaden auf dem Markt und anderswo. Ohne Subventionen, dafür mit Hut, und das ist gut so. Das muss gelobt werden.

    Mir und den Meinen (wir hatten lieben Besuch aus Hamburg) gefiel insbesondere die Vielfalt des diesjährigen Programms. Neben oftmals wunderbar treibenden und melancholischen Indie-Klängen (Blendermann, Lizard Pool, Herbst in Peking, Die Art) gab es auch Sportliches und ordentlich auf die Ohren (Totems Ginster (im folgenden Bild), Die Satansengel von Nevada). Absolutes Highlight für mich (wie auch schon im Vorjahr) war natürlich der Grobe Knüppel.

    Während der Freitagabend noch gut überschaubar war (was jetzt das Publikum meint) war es zum Samstag rappelvoll – die Schlange am Thresen riss nimmer ab. Sonntags waren wir nicht vor Ort, diesen Tag vermag ich daher nicht zu kommentieren. Aber schön war es an den ersten beiden Abenden, zumal sich die Hutbühne auch als ein Ort der Begegnung entpuppte: Leute treffen, Hände schütteln, man kennt sich in der Kleinstadt und vergleichbare Events sind rar.

    Hut ab dafür, und Dankeschön. Wir hoffen, dass sich der enorme Aufwand auch irgendwie gerechnet hat und setzen auf ein erneutes Spektakel im kommenden Jahr.

  • Zur Stadtratswahl in Pirna

    Am vergangenen Sonntag fanden vor Ort neben der Neuwahl des Europäischen Parlaments auch die Kommunal- und Kreistagswahlen statt. Das Ergebnis der Stadtratswahl für Pirna steht im Kontext zum gesamtsächsischen Fiasko und lässt sich kurz und knackig auf den Punkt bringen: Es ist beschämend. Die Abdrift in die nationalistische Ecke scheint unaufhaltsam, Dummheit und Bosheit grassieren in erheblichem Ausmaß.

    Unabhängig davon gilt es einstweilen, den Willen der Bürger*innen zu respektieren. Demnach setzt sich der neue Stadtrat wie folgt zusammen:

    • fünf Sitze für die CDU (17,1%)
    • fünf Sitze für die Freien Wähler (19,3%)
    • fünf Sitze für die AFD (19,6%)
    • drei Sitze für Die Linke (11,2%)
    • drei Sitze für die Wählervereinigung „Pirna kann mehr“ (9,9%)
    • zwei Sitze für Die Grünen (9,1%)
    • zwei Sitze für die Pirnaer Bürgerinitiative (6,6%)
    • ein Sitz für die SPD (5,2%)

    Die NPD ist im neuen Rat nicht mehr vertreten – das ist die gute Nachricht. Wer die Zahlen für Pirna im Einzelnen (auch sortiert nach Stadtbezirken) einsehen möchte, schaut bitte hier. Die Ergebnisse der Kreistagswahlen für den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge finden sich hier sind leider nicht mehr verfügbar.

  • Schweinerei in Stolpen

    In Stolpen schrillen die Alarmsirenen: Der niederländische Schweinezüchter Marten Tigchelaarder, welcher in 2017 die alte Stolpener Schweinemastanlage erwarb, plant nun, diese wieder in Betrieb zu nehmen und zu erweitern. Wird die Anlage wie geplant ausgebaut, sollen hier einmal 14 000 Ferkel für zwei Monate (also 84 000 im Jahr) gemästet und dann nach Bayern und Nordrhein-Westfalen abtransportiert werden. Sie wäre dann die größte Anlage mit Massentierhaltung im Landkreis.

    Tatsächlich liegt auch eine Betriebsgenehmigung vor, welche die Einstallung von 4 900 Mastschweinen erlaubt (schon zu DDR-Zeiten wurden dort 5 000 Schweine gemästet). Vor wenigen Tagen informierte der Eigentümer nun das Landratsamt Pirna, übergangsweise exakte 4 488 Ferkel einzustallen. Dem Vernehmen nach (SäZ vom 08.05.19) sind der Umbau und die geplante Erweiterung der Anlage dann auch machbar, es bedarf wohl keiner weiteren, besonderen Genehmigung. Widerstand scheint zwecklos, die rechtlichen Mittel sind begrenzt, alles scheint „Rechtens“.

    Im Kampf gegen diese Produktionsfabrik für Billigfleisch haben sich deren Gegner nun trotzdem zu einer Bürgerinitiative formiert. Erklärtes Ziel ist natürlich die Verhinderung der Wiederinbetriebnahme der Schweinemastanlage in Stolpen. Mit Recht sieht die Initiative die Zukunft der Stadt als Tourismuszentrum gefährdet, verweist auf die zu erwartenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen (Gestank und zusätzliche Belastung der Böden) und prangert die Massentierhaltung und deren Methoden an sich an. Und tatsächlich kam es in den vergangenen Tagen bereits zu einem strittigen Vorfall, als bei Bauarbeiten zur Sanierung der Altlasten die Gülle zum Teil in den Dorfbach geleitet wurde (Anzeige ist erfolgt).

    Am vergangenen Dienstag fand nun eine erste Informationsveranstaltung statt, auch der Bürgermeister äußerte sich zur Thematik und tatsächlich scheint der Investor zu ersten Zugeständnissen bereit. Um den Druck weiter zu erhöhen hat die BI neben einer Unterschriftenaktion beim Landratsamt auch eine Petition gestartet, die online unterzeichnet werden kann. Wer mag, sollte dort sein Signum hinterlassen und somit die Stolpener Schweinemastgegner in ihrem berechtigten Anliegen unterstützen.

  • Seifersdorf passt immer

    Zum Ostermontag ein Spaziergang – mit gebotener Rücksicht auf die Altvorderen, die nicht mehr ganz so gut zu Fuß sind. Ein Schloss wäre schön, und etwas Spazieren ohne Höhenmeter. Und bitte nicht gar so weit weg …

    Na klar doch, das bekommen wir hin. Seifersdorf passt diesbezüglich immer, mit seinem Schloss und dem besonderen Tal. Zumal die letzte Stippvisite unsererseits ja auch schon einige Jahre zurückliegt …

    Zuerst ein üppiges Picknick, dann das Schloss mit seiner bemerkenswerten Geschichte. Im Anschluss der Park, und eine Sonnenbank auch. Und nur wenige Spaziergänger vor Ort.

    Das Seifersdorfer Tal war im Vergleich deutlich besser besucht, aber auch nicht überlaufen. Okay, die Marienmühle bot etwas Getümmel. Aber sonst ging das gut. Ein Stückl flussauf und wieder hinab und dabei das eine oder andere Kleinod bestaunen, von welchen das Tal ja doch einige zu bieten hat. Immerhin handelt es sich um einen konzipierten Landschaftsgarten, also nicht irgendein Tal …

    Im Fazit war es ein kurzweiliger Nachmittag, in angenehmer Gesellschaft und schöner Landschaft.

  • 200 Jahre Geschichte der Schifffahrt

    Der mensch war im Museum, hat sich die aktuelle Sonderausstellung angesehen und möchte hiermit eine Empfehlung aussprechen. Bereits der Titel dieser Ausstellung – „Willkommen an Bord – Elbeschifffahrt in der Sächsischen Schweiz im 19. und 20. Jahrhundert“ – beschreibt das Thema zur Gänze: es geht um 200 Jahre Schifffahrtsgeschichte, explizit die Entwicklung der Dampfschifffahrt auf der Elbe.

    Schwerpunkt ist dabei die Personenschifffahrt, die mit der aufkommenden Dampfkraft in der Mitte des 19. Jahrhunderts einen rasanten Aufschwung erfuhr. Die Frachtschifffahrt wird auch erwähnt – allerdings nur am Rande. Gezeigt werden (neben zwei, drei Original-Aggregaten) diverse Modelle und vielfältige, historische Artefakte. Besonders interesant für mich: der Beginn des Ganzen mit der Indienststellung des Raddampfers Königin Maria (erbaut 1837) und die Gemengelage um die historische Dampferflotte während der 1940er Jahre. Immerhin gelingt es der leider nur sehr kleinen Ausstellung letztlich doch ganz gut, umfassend zur Geschichte der Dampfschiffahrt (die im Übrigen auch an dieser Stelle ordentlich dokumentiert ist) in der Sächsischen Schweiz zu informieren – ein Lob dafür!

    Bei Interesse: Die Ausstellung wird noch bis zum 2. Juni 2019 präsentiert.


    Willkommen an Bord – Elbeschifffahrt in der Sächsischen Schweiz im 19. und 20. Jahrhundert

    Sonderausstellung im Stadtmuseum Pirna

    Täglich außer Montag, jeweils von 10.00 – 17.00 Uhr. Eintritt: vier Euro.

  • Bad Gottleuba: Museum in Not

    Die Medizinhistorischen Sammlungen im Gesundheitspark zu Bad Gottleuba müssen aktuell um ihre Zukunft bangen. Grund dafür ist die jetzt auslaufende finanzielle Unterstützung (8000 € jährlich, im Vorjahr bereits nur noch 4000 €) seitens des Kulturraums Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Ursächlich zur Streichung der Mittel wird der fehlende, hauptamtliche Vollzeit-Mitarbeiter benannt – als Voraussetzung für eine langfristig und nachhaltig angelegte Förderung.

    Nun, der Verein wird sicher gute Gründe für sein Handeln haben, die im Einzelnen jedoch nicht benannt sind. Was aber gesagt werden muss: Das Ende dieses kleinen, ob seiner umfangreichen Sammlung an medizinischen Instrumenten, Geräten und Möbeln am Originalstandort auch überregional viel gelobten Museums, wäre schlicht bedauerlich. Mein letzter Besuch liegt schon einige Jahre zurück, blieb jedoch nachhaltig im Gedächtnis haften (es gibt dazu ein kleines Flickr-Album).

    Immerhin: Die Stadt Bad Gottleuba-Berggießhübel zahlt jährlich 3 500 Euro, mit einer Erhöhung des Zuschusses ist aktuell jedoch nicht zu rechnen. Und die Median-Klinik vor Ort lehnt jegliche Unterstützung vehement ab. Der Verein bittet von daher jetzt öffentlich um Mithilfe für den Weiterbestand der Sammlung – jeder einzelne Euro würde helfen. Ihr könnt daran mitwirken, durch willkommene Spenden und natürlich mit einem Besuch eurerseits.

    Geöffnet ist die Ausstellung am Dienstag und Samstag von 13.00-17.00 Uhr und am Sonntag von 10.00-17.00 Uhr. (alles via SäZ)

  • Der neue Alte Bahnhof in Pirna

    Die Sanierung des Alten Bahnhofs zu Pirna hat sich über Jahre hingezogen. Nun ist sie so gut wie abgeschlossen, die ersten Mieter werden in den kommenden Wochen einziehen. Es sei daher gestattet, einen kurzen Blick auf das Projekt werfen.

    Zur Geschichte: Der Alte Bahnhof wurde als erster Bahnhof Pirnas zur Eröffnungszeit der „Sächsisch – Böhmischen Eisenbahn“ im Jahre 1848 erbaut. Der Standort wurde an der Grenze zur Pirnaer Altstadt gewählt, das ehemalige Dominikanerkloster (heute Stadtmuseum) liegt nahebei. Mit dem Bau der Pirnaer Elbbrücke (1872 – 1875) eröffnete sich später die Errichtung der notwendigen Bahnstrecke nach Kamenz. Der „Alte Bahnhof „, der wegen des über die Jahre gestiegenen Verkehrsaufkommens und fehlender Erweiterungsflächen ohnehin seine Leistungsgrenze erreicht hatte, lag dafür ungünstig – also wurde 500m westwärts ein Neubau errichtet. Somit verlor das einstmals stolze Gebäude seine eigentliche Bestimmung, im Oktober 1875 wurde der alte Bahnhof stillgelegt (Wikipedia).

    In den folgenden Jahrzehnten war er Standort der Bahnmeisterei, wurde aber auch für Wohnzwecke genutzt. 1945 wurde der Komplex durch einen Bombenangriff teilweise zerstört. Nach 1998 stand das unter Denkmalschutz stehende Gebäude dann lange Zeit leer. Es gilt übrigens noch heute als ältestes, erhaltenes Empfangsgebäude der Sächsisch-Böhmischen Eisenbahn.

    Jahre später erwarb schließlich die Privatbrauerei Schmees-Besgen GmbH (sie betreibt in Pirna das Brauhaus „Zum Gießer“ und das Hotel „Pirnascher Hof “ am Markt) den Alten Bahnhof an der Grohmannstraße. Der ambitionierte Plan, in dem historischen Gebäude eine Brennerei bzw. eine Schaudestillerie einzurichten, erwies sich jedoch als unrealistisch und wurde verworfen. Ende 2015 kaufte dann der Unternehmer Michael Hänel aus Pirna den Komplex und begann zu sanieren, um ihn letztlich für gewerbliche Zwecke zu vermieten.

    Nun steht die Sanierung, deren Kosten sich auf ca. 1,6 Millionen Euro belaufen, kurz vor der Vollendung. Die Stadt wird einen maximalen Zuschuss von 858 000 Euro bewilligen, da das Gebäude im eigens eingerichteten Fördergebiet „Alter Bahnhof“ liegt (SäZ vom 09.01.2019). Zu den ersten Mietern zählen dem Vernehmen nach die Pirnaer Weinhandlung Barrique und ein Friseur- und Barbershop im Erdgeschoss. Die obere Etage wird Bürofläche. Was auch schön ist: Während der Bauphase entdeckten die Fachleute historische Wandzeichnungen, die unter Auflagen des Denkmalschutzes saniert wurden. Bei einem Friseur-Termin lassen sich diese gewiß einmal in Augenschein nehmen.

    Im Ganzen macht das Gelände jetzt einen aufgeräumten Eindruck – makellose Fassaden, viel Pflaster und wenig Grün. Eine Schranke wird die Zufahrt zu den Parkplätzen regulieren. Aber sehen wir es doch positiv: Immerhin wird somit ein Stück Eisenbahngeschichte erhalten. Und nach wie vor donnern in nur sechs Metern Entfernung die Züge vorbei …

    So weit, so gut, so interessant. Schauen wir mal, wie es weitergeht.


    Bei Interesse: Es gibt ein Video von 2013, welches den leerstehenden Komplex in seiner damaligen Tristesse beschreibt.